Joy Wegmüller hilft freiwillig in der kirchlichen Jugendarbeit mit und investiert dafür viel Zeit.
Text: Tilmann Zuber
Foto: Pia Neuenschwander
«Darf ich weiterhin in der Jugendarbeit mithelfen?», fragte Joy Wegmüller die Jugendarbeiterin Jacqueline Käs. 2022 war sie von zu Hause ausgezogen und aus der Kirchgemeinde Wallisellen weggezogen. Die Antwort der Jugendarbeiterin lautete natürlich Ja.
Wir unterhalten uns im Restaurant Tibits über den Gleisen des Luzerner Bahnhofs. Hier laufen derzeit die Fäden in Joys Leben zusammen. Die 22-Jährige wohnt im luzernischen Root und arbeitet bei den SBB in Bern.
«Im Konfirmationsunterricht habe ich gelernt, die Meinungen anderer zu respektieren und zu verstehen.»
Doch ihr Herz schlägt nach wie vor für die Jugendarbeit in Wallisellen. Seit Jahren engagiert sich die Jungleiterin, organisiert Ausflüge, schreibt Flyer, leitet «Girls-only»-Anlässe und hilft in den Konfirmationslagern. Und sie kümmert sich als Gotti um zwei jüngere Jungleiterinnen, die nachfolgen. Sie sei da nach der damaligen Jungleiterausbildung im Jahr 2016 hineingerutscht und habe immer mehr Aufgaben im Jugendund Kinderprogramm übernommen, sagt Joy. Die Arbeit liege ihr, sie habe schon immer gerne organisiert und Verantwortung übernommen. Etwas zu planen und zu organisieren, findet sie «erfüllend».
Teil des Erwachsenwerdens
Den Konfirmationsunterricht hat Joy positiv erlebt. Es sei nicht das «Mega Ereignis» in ihrem Leben gewesen, aber es gehöre zum Prozess des Erwachsenwerdens. Sie habe keine Glaubenssätze auswendig gelernt, sondern das Miteinander geübt, und der Austausch über Lebens- und Glaubensfragen hätten im Vordergrund gestanden.
«Die junge Pfarrerin Yasmin war cool», erinnert sich Joy. Es gab keinen Frontalunterricht. Stattdessen wurde der Stoff spielerisch und im Austausch vermittelt und gemeinsam besprochen. Auf diese Weise wurde etwa über einzelne Psalmen diskutiert. Joy ist überzeugt, dass sie dadurch mehr von der Bibel mitbekommen habe, als wenn sie die Verse auswendig gelernt hätte. «Die Jugendarbeiterin Käs nannte das ‹gelebte Bibel›.»
Im Konfirmationsunterricht habe sie auch gelernt, andere Meinungen zu respektieren und andere vor ihrem jeweiligen Hintergrund zu verstehen, fügt Joy hinzu. Und sie habe gelernt, ihren eigenen Standpunkt zu reflektieren, zu ihrer Meinung zu stehen und diese in die Runde einzubringen.
Gute Noten für den Unterricht
Joys positive Erfahrungen in der kirchlichen Jugendarbeit werden auch von der Wissenschaft bestätigt. Eine Studie der Universität Zürich hat im Rahmen einer europäischen Erhebung die Konfirmationsarbeit untersucht, in einer anderen den Religionsunterricht in der Primarschule. Den schulischen Religionsunterricht erleben über 70 Prozent der befragten Kinder als bereichernd, und positiv fällt auch die Bilanz bei den Konfirmandinnen und Konfirmanden aus. In den letzten 15 Jahren haben Motivation und Interesse am Konfirmationsunterricht nicht abgenommen.
Glaube gemeinsam erleben
Sie gehe nicht oft in den Gottesdienst und bete nicht regelmässig, sagt Joy. Der christliche Glaube sei für sie etwas Offenes. Nächstenliebe bedeute, offen zu sein und gemeinsam etwas zu erleben. In der Jugendarbeit und im Konfirmandenunterricht habe sie gelernt, wie offen und lebendig die Bibel sei, nicht stur und streng.
Und dann erzählt Joy von einem Erlebnis, das für diesen Glauben steht. Als sie mit anderen Jungleiterinnen und -leitern mit dem Zug nach einem Ausflug von Bern zurückfuhr, spielten alle zusammen das ABC-SRF3-Spiel. Dabei geht es darum, spontan und möglichst schnell Fragen zu beantworten. Plötzlich habe der halbe Wagen mitgespielt, und die Leute hätten sich die Antworten aus dem hintersten Abteil zugerufen.
«Es war beeindruckend, wie da eine Gemeinschaft entstand und Leute, die sich nicht kannten, zusammenrückten», findet Joy. Noch heute sage die Jugendarbeiterin Jacqueline Käs augenzwinkernd vor jedem Ausflug zu ihr: «Vergiss die Karten mit den Fragen nicht!»