Text: Niklas Raggenbass und Hans Herrmann
Foto: Pixabay/Barbara Mack
Letzthin ist ein guter Freund gestorben. Durch die vielen Aufgaben in seinem Leben kam er an Grenzen, war erschöpft, brannte aus, erlitt ein Burnout. Er merkte zu spät, dass er in seiner Lebensführung etwas hätte ändern müssen. Seinem Wunsch entsprechend ruht seine Urne jetzt am Ufer des Bodensees zwischen den Wurzeln einer Trauerweide.
Die traditionellen Religionen sagten ihm nichts mehr. Er zahlte zwar noch Kirchensteuer, doch nur, damit «die Kirche im Dorf» blieb. Durch seine Reisen war er «polyreligiös» geworden, wie er sagte, und das Christliche sei ihm verdunstet. Überall nahm er ein Stückchen Religion mit und stellte es bei sich in der Wohnung auf – Buddhakopf, Thomaskreuz, drei Affen, Rosenkranz, Jakobsmuschel, Räucherstäbchen, Menora-Leuchter und anderes mehr.
Aber immerhin: Er kannte die Bedeutung dieser religiösen Gegenstände, sie sagten ihm etwas und ermutigten ihn. Er war religiös auf seine ganz persönliche Weise. Seine religiöse Bildung hatte ihm dazu einen Zugang geöffnet.
Wie aber vermitteln Glaubensgemeinschaften, Eltern, engagierte Menschen und Schulen heute religiöse Bildung? Tun sie es überhaupt noch? Und worin liegt der Wert von religiöser Bildung? Diesen Fragen spürt die diesjährige Ausgabe der interreligiösen Publikation «zVisite» nach.
Hauptstück der Ausgabe ist ein Gespräch zwischen einer Alevitin, einem Christen, einer Muslima und einem christlichen Vater mit jüdischer Tochter. Sie berichten, wie sie religiöses Wissen und religiöse Werte an ihre Kinder weitergeben. Welche Wünsche und Hoffnungen sie damit verbinden – und auch, dass es bei alledem ein gutes Stück Gelassenheit braucht.
Weiter werden vier junge Menschen porträtiert, die die Inhalte ihrer Religion entdecken, erlernen und zum Teil bereits an andere junge Menschen weitergeben. Zu lesen sind auch Erinnerungen des Schweizer Schriftstellers Franz Hohler und des kurdischstämmigen Filmemachers Mano Khalil an ihren Religionsunterricht. Und ein Wissenstest sagt Ihnen, ob Sie allenfalls für das Amt des Papstes geeignet wären. Oder ob es nur für die Ersatzbank reicht. Die Redaktion wünscht Ihnen anregende Lektüre.