Caroline Schroeder Field

«Ich lese meine Texte immer zuerst laut»

Pfarrerin Caroline Schröder Field gewann den ersten Predigtpreis der Evangelisch-reformierten Kirche. Sie weiss, was wichtig ist beim Predigen.

Text: Franz Osswald
Fotos: Annette Boutellier

 

Es ist Freitagnachmittag. Haben Sie Ihre Predigt für übermorgen schon geschrieben?

Caroline Schröder Field: Ja, ich bin eben gerade damit fertig geworden. Doch das ist eher die Ausnahme, normalerweise schreibe ich die Sonntagspredigt am Samstag zwischen zehn und sechzehn Uhr.

Sie verfassen einen schriftlichen Text für die mündliche Wiedergabe. Worauf achten Sie dabei?

Zuerst mache ich mir bewusst, wer die Gemeinde ist, zu der ich spreche. Und um was für einen Gottesdienst es sich handelt. Bei Hochzeiten und Abdankungen wähle ich eine andere Sprache als bei einem Sonntagsgottesdienst. Die Leute im Basler Münster erwarten inhaltlich und sprachlich eine gehaltvolle Predigt. Bei Feiern mit Jugendlichen muss ich einfachere Sätze machen, mehr Redundanz in den Text bringen.

«Ich will nicht dozieren, sondern die Menschen erreichen.»

Caroline Schröder Field, Evangelisch-reformierte Pfarrerin

 

Lesen Sie den Text vom Blatt ab?

Ja, ich halte meistens ausformulierte Predigten und rede nur selten frei. Die Sorgfalt, die mir sehr wichtig ist, zeigt sich gerade in den gewählten Formulierungen. Damit diese auch so rüberkommen, muss mir der Text vertraut sein.

Dann üben Sie die Texte so lange, bis sie sitzen?

Ja, ich lese meine Texte immer zuerst laut. Dabei merke ich, welche Sätze zu kompliziert sind oder wo ich stolpere. Da muss ich dann nachbessern oder die Formulierung auswendig lernen. Insbesondere bei den Online-Gottesdiensten vor der Kamera musste ich mich mehr vorbereiten. Die Situation hat etwas Künstliches, Ungewohntes, der Blick in die Gemeinde ist nicht möglich. Den braucht es beim Predigen. Anders etwa als bei der Schriftlesung, wo ich den Augenkontakt zu den Leuten vermeide. Da geht es rein um den Bibeltext, und ich bin Vermittlerin. Bei der Predigt hingegen braucht es mich als Person.

Sie haben 2014 den ersten Predigtpreis Ihrer Kirche gewonnen. Hat das bei Ihnen etwas verändert?

Ja. Nebst der Freude über die Anerkennung hat mich der Preis in meinem Auftreten gestärkt. Er hat mich selbstsicherer gemacht.

Und hat es die ­Erwartungshaltung der Leute ­verändert?

In der Münstergemeinde Basel wohl kaum. Aber ich durfte die prämierte Predigt vor römisch-­katholischen Kollegen vor­tragen – in einem Seminarraum. Da merkte ich, dass sie etwas ganz Aussergewöhnliches, etwas Spezielles erwarteten, was dann so nicht folgte. Es kommt schon vor, dass ich in einer Predigt mal mein Wissen unter Beweis ­stelle und deutlich mache, dass ich Hebräisch und Griechisch gelernt habe. Aber in der Regel will ich nicht dozieren, sondern die Menschen erklärend erreichen. Und das sowohl auf der intel­lektuellen als auch auf der emotionalen Ebene. Das ist für mich letztlich das Ziel einer Predigt.