Aufgezeichnet von Nicola Mohler
Fotografie: Dominic Wenger, Nora Steffen
Biramandeep Singh, 25: Der Sikh studiert an der Universität Bern Betriebswissenschaft und Geschichte.
Was Mode angeht, bin ich eher praktisch veranlagt. Bei der Wahl meiner Kleider steht an erster Stelle, dass ich mich wohlfühle. Unwohl ist mir, wenn ich meine Haare nicht bedecke. Deshalb trage ich immer einen Turban. Einzig in der Badeanstalt verzichte ich auf eine Kopfbedeckung. Das hat rein praktische Gründe: In der Badi binde ich meine langen Haare zu einem Dutt, damit sie nicht nass werden.
Mag starke Farben
Seit fünf Jahren trage ich den sogenannten Dastar, so nennen wir Sikhs den grossen Turban. Vorher fühlte ich mich für diesen Schritt noch nicht erwachsen genug und trug eine kleinere Version, bei der man die kurze Stoffbahn am unteren Hinterkopf zu einem Knoten bindet. Der grosse Turban hingegen ist ein drei Meter langes Tuch.
Den Turban binde ich mir jeden Morgen. Wenn es eilt, schaffe ich es in fünf Minuten. Aber ich nehme mir auch gerne Zeit, mache es zum Ritual und höre dazu gute Musik. Dann kann es schon zwanzig Minuten dauern, bis alles sitzt.
«Ich werde oft auf mein Outfit angesprochen. Und damit auch auf meine Religion.»
Biramandeep Singh, Student
Ich mag es, aufzufallen. Deshalb wähle ich für den Turban oft ganz bewusst eine starke Farbe. Einzig während den Prüfungen an der Universität bin ich bei der Farbauswahl zurückhaltender. Die Farbe meines Dastars beeinflusst die Wahl der Kleider. Aber auch das Umgekehrte ist möglich: Aufgrund eines T-Shirts oder einer Hose wähle ich eine bestimmte Farbe für die Kopfbedeckung.
Probiert alles aus
Ich werde häufig auf mein Outfit angesprochen. Passanten und Passantinnen sagen, dass ich cool aussehe. Oft folgt dann die Frage nach meiner Religion. Der Turban drückt meine Zugehörigkeit zur Sikh-Gemeinschaft aus. Das bedeutet mir viel. Er symbolisiert aber auch Gerechtigkeit und die Gleichberechtigung aller Menschen. Das in Indien gelebte Kastensystem lehnen wir Sikhs ab, weil unser Monotheismus nicht zwischen Menschen verschiedener Herkunft unterscheidet. Vor Gott sind wir alle gleich.
Dass ich für mein Outfit für eine traditionelle Hochzeit einen blauen Turban ausgewählt habe, hat keine andere Bedeutung, als dass er zu meinem Anzug passt. Ich liess dieses Jackett und die Hose übrigens in Indien nähen. Eigentlich kaufe ich meine Kleider hier in der Schweiz. Aber gewisse Stoffe finde ich einfach nur in Indien. Deshalb bringe ich von Reisen gerne auch mal Textilien mit nach Hause.
Da ich mich in diesem Outfit wohlfühle, würde ich es auch bei anderen Anlässen tragen oder damit im Tram nach Hause fahren. Was ich hingegen nicht anziehe, sind indische Gewänder. Ich habe es versucht, denn mein Motto ist: Ich probiere alles an und entscheide dann. Der Fall war aber schnell klar: darin fühle ich mich nicht gut.