Ob als Oberrichter, Exerzitienleiter, Politiker oder Familienvater: Für Martin Sarbach steht immer die Suche nach Lösungen im Mittelpunkt.
Text: Beatrix Ledergerber-Baumer
Foto: Pascale Amez
«Ich war schon immer ein politischer Mensch», sagt Martin Sarbach und lacht verschmitzt. Seine Locken und die munteren Augen geben ihm etwas Jungenhaftes. Bereits als Jugendlichen trieb den heute 48-Jährigen die Frage um, in welcher Partei er sich engagieren könnte. Als Student gründete er einen Verein zur Lancierung der zweiten UNO-Beitrittsinitiative – mehrere Jahre bevor dies überhaupt auf die politische Agenda kam.
Bald wurde dem jungen Aktivisten klar, dass er als Teil einer politischen Partei effektiver arbeiten könnte. Schlussendlich fand er bei den Sozialdemokraten den nötigen Gestaltungsspielraum für seine Ideen. «Als Teil der Gesellschaft möchte ich mich einfach aktiv einbringen», erklärt das Mitglied der Geschäftsleitung der SP des Kantons Zürich. Mit seinem Glauben habe das weniger zu tun. Über seine Beziehung zu Gott rede er im politischen Umfeld nur selten, erst recht nicht ungefragt.
Nicht wissen, was kommt
In der Kirche geht es ihm wie oft in der Politik: «Man ist Teil eines Verbandes, in dem man nicht immer alles gut findet.» Als junger Mann fand er die Kirche zu konservativ und kehrte ihr den Rücken zu, ohne je auszutreten. «Später merkte ich, dass es auch hier Menschen mit einem weiten Horizont gibt.» Sarbach beschloss, seiner Sehnsucht nach Gott innerhalb der Kirche nachzugehen: Er absolvierte ein Einführungsjahr am Priesterseminar in Chur und lebte dann zwei Jahre als Novize bei den Jesuiten. Seine bis heute andauernde Verbundenheit mit dem Jesuitenorden kommt etwa in seinen Wander-Exerzitien- Kursen im Lassalle-Haus zum Ausdruck.
«Ich war schon immer ein politischer Mensch.»
Nicht zu wissen, was hinter der nächsten Wegbiegung kommt, findet der Katholik wunderschön – egal, ob aufs Wandern oder auf den Lebensweg bezogen. «Neue Wege zu gehen, ist Teil meiner Biografie. Heute bin ich Oberrichter, aber ich würde mich nicht wundern, wenn sich eines Tages ein ganz anderes Berufsfeld auftäte.»
Sowohl bei seiner Arbeit als Richter als auch als geistlicher Begleiter begeistert ihn das Zuhören. «Mir ist nicht das Urteil wichtig, sondern die Möglichkeit, mit den Leuten nach Lösungen zu suchen», sagt Sarbach. Die grösste Herausforderung ist für ihn, seine unterschiedlichen Lebenswelten unter einen Hut zu bringen. Sein Sohn leidet seit Geburt an einer schweren zerebralen Lähmung und kann nur mit den Augen kommunizieren.
Alles unter einen Hut bringen
Sarbach trat deshalb in der Politik kürzer. Unumwunden gibt er zu, die Betreuung seines Kindes sei oft eine Überforderung. «Er braucht ununterbrochen Zuwendung. Sobald man sich nicht mit ihm beschäftigt, beginnt er zu weinen, da er selber nichts tun kann.» Heute hat die Familie noch eine kleine Tochter, und Sarbach staunt, wie selbständig ein gesundes Kleinkind sein kann.
«Natürlich ist alles etwas viel, Beruf, Politik und Familie. Aber es muss einfach möglich sein, auch mitten in all diesen Anforderungen gottverbunden zu leben», sagt Sarbach mit Nachdruck. Ihm bleibe nichts anderes übrig, als den inneren Raum, in dem dies möglich sei, immer wieder neu zu finden oder manchmal zu erkämpfen. «Doch was wäre das für eine Religion, die nur in der Weltflucht zu leben wäre?»