Seelsorge im Niemandsland

Angelo Curcio betreut die Geflüchteten im Bundesasylzentrum in Basel. Er will den Migrantinnen und Migranten Hoffnung geben, ohne falsche Erwartungen zu wecken.


Text: Tilmann Zuber

 

Das «Mama Africa», wie die Gäste das offene Haus der Asylseelsorge nennen, liegt einen Steinwurf von der deutschen Grenze entfernt, unweit vom Bundesasylzentrum (BAZ). Güterzüge rattern über den nahe gelegenen Bahndamm, auf der Strasse staut sich der Feier­abendverkehr. Hier im Grenzgebiet landen unzählige Asylsuchende. Menschen aus Afghanistan, der Türkei, Afrika, dem Nahen Osten oder Kolumbien. Sie alle hoffen, in der Schweiz bleiben zu können.

Es rieche etwas streng nach Fisch, erklärt der reformierte Asylseelsorger Angelo Curcio, als er die Tür zur Küche aufstösst. Die Afrikaner hätten heute Mittag gekocht. Der Pfarrer führt durch das verwinkelte Gebäude des Vereins Ökumenischer Seelsorgedienst für Asylsuchende (Oesa). Von der Kleiderkammer, in der alte Mäntel, Hosen und Röcke fein säuberlich aufgereiht sind, durch die Büros zur Küche des Cafés. Aufgabe des ­Oesa ist es, neu ankommende Asylsuchende zu unterstützen, praktische Hilfe anzubieten und sie seelsorgerisch zu begleiten.

Die Nachfrage steigt

Angelo Curcio hat vor drei Jahren im BAZ Basel und im solothurnischen Flumenthal seine Arbeit aufgenommen. Inzwischen ist er, zusammen mit seiner katholischen Kollegin, auch für die Betreuung in anderen Zentren zuständig. «Wir sind alle gut ausgelastet», stellt er besorgt fest. «Wir werden von Geflüchteten überflutet.»

Seit den 1990er-Jahren werden Asylsuchende in den vom Bund geführten Asylzentren von reformierten und katholischen Seelsorgerinnen und Seelsorgern begleitet. Meist wird die Arbeit durch kirchliche Vereine oder die Landeskirchen finanziert. Nach einer Pilotphase führte das Staatssekretariat für Migration dieses Jahr auch die muslimische Seelsorge in den Bundesasylzentren ein. Die Kosten für die muslimische Seelsorge, die der Bund übernimmt, belaufen sich jährlich auf 450’000 Franken. Es wird auch diskutiert, ob der Bund die Kosten der kirchlichen Asylseelsorge übernehmen sollte, vorab wenn die jeweilige Kantonalkirche keine Zuschüsse vom Staat erhält.

Der Glaube gibt Halt

Die Menschen berichten Angelo Curcio von ihrer Reise, von ihrem Heimatland, von Verfolgung, Armut und den Problemen in der Schweiz. Curcio hört zu, erklärt das Asylverfahren, übersetzt die Schreiben der Behörden. Er vermittelt Kontakt zu Hilfswerken und hilft bei gesundheitlichen Problemen.

Und er versucht Hoffnung zu geben, ohne falsche Erwartungen zu wecken, etwa wenn Geflüch­tete keine Chance auf einen positiven Asylentscheid haben. «In solchen Momenten bin ich froh um den Glauben an Gott. Er kennt Wege, wo es scheinbar keinen Weg mehr gibt.» Ohne diesen Rückhalt würden die Schicksale ihn manchmal erdrücken. «Dass die letzte Verantwortung in Gottes Hand liegt, motiviert mich weiterzumachen.»