«Eine Kerze für meinen Fuss ist Dein Wort und ein Licht für meinen Weg.» (Tanach PS 119,105) Kalligrafie: Henri Mugier

Aussprechen und sich versöhnen

Am Jom Kippur feiern die Juden, dass Gott ihre Sünden vergibt.

Text: Benjamin von Werdt
Kalligraphie: Henri Mugier

 

Einmal im Jahr reinen Tisch machen: Fehler eingestehen und sich entschuldigen bei Freunden, Familienmitgliedern oder Arbeitskolleginnen. Gläubige Jüdinnen und Juden tun dies an Jom Kippur. Das Ritual beginnt zehn Tage vorher an Rosh ha-Shana, dem Neujahr des jüdischen Kalenders, irgendwann zwischen Mitte September und Anfang Oktober. In dieser Zeit hat jeder Gelegenheit, sein Leben in Ordnung zu bringen, Streitigkeiten zu beenden und sich zu versöhnen. Danach, an Jom Kippur, geht die Bitte an Gott selbst, die Sünden zu vergeben, um fürs neue Jahr ins Buch des Lebens eingeschrieben zu werden.

Ein stilles Fest

Am Feiertag selber geht es dann ruhig zu. In Israel unterbrechen Radio und Fernsehen ihre Programme und die Strassen sind wie leer gefegt. 25 Stunden lang wird nicht gegessen, getrunken, geraucht, gesprochen, geduscht und es gibt keinen Sex. Die Gläubigen gehen in die Synagoge, sprechen ritualisierte Gebete und bitten um Vergebung. Der Tag der Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen ist für Jüdinnen und Juden das wichtigste Fest, das auch unabhängig von individueller Religiosität begangen wird.