Ich und mein Kleidungsstil

«zVisite»-Redaktorin Zeinab Ahmadi verrät, wieso sie auf Instagramm Modetipps sucht.

 

Text: Zeinab Ahmadi
Foto: zvg

 

Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, wie häufig ich von Freunden gefragt werde, ob mir nicht zu warm sei in meinen langen Hosen. Mein «dezenter» Kleidungsstil fällt insbesondere an heissen Sommer­tagen auf. Aufgrund persönlicher und religiöser Überzeugungen achte ich bei der Kleiderwahl auf Bescheidenheit. Je nach Modetrend ist das nicht ganz einfach – ­etwa bei den kurzen Crop-Tops. ­Natürlich wähle ich mein Outfit auch noch nach anderen Kriterien. So spielt meine aktuelle Befindlichkeit eine Rolle oder mein Umfeld.

Neuer Dialog entstanden
Diese verschiedenen Aspekte sind stets im Wandel und lösen Fra­gen aus. Ich kann sie mit Gleichgesinnten auf Instagram ­disku­tieren. Muslimische Mode-Blogge­rinnen und -Blogger haben Räume geschaffen, in denen wir jungen Musliminnen und Muslime uns austauschen und andere Meinungen kennenlernen können – beispielsweise was die Bedeutung dezenter Kleidung angeht. So ist für die einen das Kopftuch fester Bestandteil der dezenten ­Mode, für andere spielen diskrete Kleider in ihrer Ausübung der Religion keine Rolle. Bei den sogenannten «Influencern» kann man sich aber auch einfach nur Modeinspiration holen: zum «Eid Look», ­unserer Festtagskleidung zum Beispiel, zu neuen Modest-Fashion­labels oder zu den vielen Varianten, das Kopftuch zu binden.

In den sozialen Medien ist ein Dialog entstanden, den es vorher so nicht gab: Menschen aus allen Weltregionen tauschen sich aus und ­versuchen im besten Fall, sich zu verstehen. Dabei sprechen viele muslimische Mode-Bloggerinnen und -Blogger auch über ihre innere Zerrissenheit, das Abmühen, die das religiöse Leben gerade in der Diaspora prägen. Eine der bekanntesten unter ihnen ist die in England lebende Dina Torkia mit 1,3 Millionen Followern. In ihren Beiträgen zeigt sie offen auf, dass sie, wie viele andere unter uns, hin- und hergerissen­ ist zwischen den Ansprüchen der Gemeinschaft und der Gesellschaft.

«Begriffe wie ‹Mipsters› oder ‹Hijabistas›
geben uns jungen Musliminnen eine neue Selbstsicherheit.»

Zeinab Ahmadi

Influencer bringen ihre Erfahrungen vermehrt auch in globale Debatten ein und inspirieren dadurch ihre Instagram-Communities. Eine wichtige Rolle spielen sie beispielsweise bei der Neusemantisierung von religiösen Symbolen, über die die Medien negativ berichten. Neue Diskussionen rund um Begriffe wie «Mipsters» oder «Hijabistas» geben uns jungen Musliminnen und Muslimen neue Selbstsicherheit. Einerseits was unser Modebewusstsein angeht, und anderseits kann das auch unseren Umgang mit der Religion ­positiv verändern.

Die neuen Plattformen des Dialoges ermöglichen, dass wir Muslime uns durch gemeinsame Interessen und Lebensrealitäten verbunden fühlen und Themen fern von schubladisierenden Aussenansichten selber ­diskutieren können. Für mich persönlich ist es eine Entlastung, mich hin und wieder in diese Welt zurückzuziehen.

Zeinab Ahmadi, 25, arbeitet als Bereichsleiterin Bildung im Haus der ­Religionen und ist Redaktorin bei der interreligiösen Zeitung «zVisite».